Das Erbe der Astrow by Constance Heaven

Das Erbe der Astrow by Constance Heaven

Autor:Constance Heaven
Die sprache: deu
Format: mobi
veröffentlicht: 0101-01-01T00:00:00+00:00


12

Ein paar Tage waren vergangen, und die Sonne schien auf eine vom Regen reingewaschene Welt, als ich mich eines Morgens mit dem Federkiel in der Hand niedersetzte, um nach Riwlach zu schreiben. Ich war schon einen Monat in Waldaja und hatte ein schlechtes Gewissen, weil ich in dieser Zeit so wenig an meine Schwester gedacht hatte.

Simon war eines Tages herübergeritten gekommen und hatte einen langen Brief von Maria gebracht. Sie hatte sehr viel von Paul und den Kindern geschrieben, aber kaum etwas von dem, was mich hauptsächlich interessierte, und Andrej hatte nur eine kurze Nachricht mitgeschickt.

»Rilla ist wieder wohlauf«, schrieb er, »wenn auch noch ein wenig schwach. Die Stute hat sich prächtig erholt, und das Fohlen ist eine Schönheit. Wir haben es Sonja genannt, das steht im Russischen für Sophie, mußt Du wissen. Wann kommst du also zurück, um Dir Deine Namensschwester anzusehen?«

Ich fragte mich, wie die Dinge zwischen ihm und Rilla wohl stünden. Früher wäre ich nur allzugern bereit gewesen, die Geschichte über Andrej zu glauben, die Jean Reynard mir erzählt hatte, aber jetzt nicht mehr. Dafür hatte ich Andrej inzwischen zu gut kennengelernt. Trotzdem mußte ich immer wieder daran denken, was Rilla gesagt hatte, und ich grübelte lange, ob die Wurzel ihrer Verzweiflung über den Tod des Babys vielleicht in der Vergangenheit zu suchen sei.

Ich versiegelte gerade den Brief, als jemand an die Tür klopfte. Ehe ich noch etwas sagen konnte, kam Irina ins Zimmer gerannt, warf die Tür hinter sich zu und lehnte sich mit dem Rücken dagegen. Ihr Gesicht war gerötet.

»Ich habe ihn so gebeten, es nicht zu tun«, sagte sie ganz außer Atem. »Ich habe ihn angefleht, es zu lassen. Ich wußte, wie das ausgehen würde, aber er bestand darauf. Er meinte, es wäre gegen seine Ehre, so weiterzumachen und jetzt hat Großvater ihn aus dem Haus geworfen. O Sophie, was soll ich nur tun?« Sie brach in zornige Tränen aus.

Sie machte einen so verzweifelten Eindruck, daß ich den Brief hinlegte und zu ihr ging. »Irina, Liebes, was ist denn? Was ist geschehen? Wer hat was getan?«

»Michael«, flüsterte sie. »Du weißt, wie wir zueinander stehen. Heute morgen wollte er nicht mehr auf mich hören. Er ging zu Großvater und hat ihn offiziell um seine Einwilligung gebeten. Aber Großvater hat rundweg abgelehnt.«

»Aber warum? Welchen Grund gab er an?«

»Keinen. Das tut er nie. Er will einfach nicht, daß ich glücklich bin!« rief sie leidenschaftlich.

»O nein, Irina. Ich bin überzeugt, das ist nicht wahr.«

»Es ist sehr wohl wahr, Sophie! Nur weil Michael lediglich einen kleinen Besitz erben wird und keinen so großen Namen hat wie die Astrows. Nur deshalb muß er seine Sachen packen, und ich muß in diesem gräßlichen, düsteren Haus in Moskau leben, bis ich sterbe. Aber ich will das nicht, ich will nicht! Ich laufe einfach davon . . . Ich tue irgend etwas Schreckliches und bringe Schande über ihn, dann hat Großvater wenigstens einen Grund, zornig auf mich zu sein . . .«

Arme Irina! Es war nicht leicht, sie zu trösten, da ich nur so wenig dazu sagen konnte.



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